Das erste Mal, als ich Bilder von dem Westgrat des Salbitschijen sah, war lange bevor man überhaupt irgendetwas vom Corona-Virus gehört hatte (es fühlt sich wie eine Ewigkeit an). An diesem Tag hatte ich beim Prokrastinieren in der Arbeit zufällig Bilder davon gesehen und die steilen Granittürme, die in den Himmel ragten, haben sich in mein Gedächtnis gebrannt. Aber – wie es eben bei den meisten langen Routen so ist – es brauchte einige Zeit, bis der Moment des Erkletterns dann wirklich kam. Sich von der Arbeit freizunehmen, wenn das Wetter gerade passt und dann einen Partner zu finden (der sich auch freinehmen muss) ist ein Tetris-Spiel, bei dem nicht alle Teile kontrolliert werden können. So blieb die Route, zumindest meistens, bei mir im Hinterkopf und rückte erst wieder in den Vordergrund, als ich meine stetig wachsende „To-do-Liste“ plante.
2020 dann, wie die gesamte Welt wohl jetzt aus erster Hand weiß, fielen alle Pläne, diese „To-do-Liste“ anzugehen, schlagartig ins Wasser. Im Januar lasen wir Berichte von China, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass dieses Bild – massenhaft Menschen unter Quarantäne – jemals in Europa Einzug halten könnte. Im Februar wurden die ersten Fälle in Österreich bekannt und im März waren wir dann auf einmal in Heimquarantäne, arbeiteten via Zoom und diskutieren in den sozialen Medien über die moralischen Auswirkungen des Joggens. Jetzt, fast 6 Monate später, ist der Mundschutz zu einem neuen Accessoire geworden und weil das sicherlich nicht die letzten Covid-Restriktionen waren, beschlossen wir, gelockerten Reisebeschränkungen auszunutzen und für eine Woche zum Klettern in die Schweiz zu fahren. Der Salbit stand dabei weit oben auf unserer Liste.